Teil 1: Aufwärmphase - Kapitel 3

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Chancengleichheit

Kurze Zeit später…

Kai saß angespannt auf dem Metallstuhl. Die sterile Kälte des Raumes verstärkte das Kribbeln auf seiner Haut und ließ die Unruhe in ihm anwachsen. Jeder Atemzug war wie ein scharfes Messer, das sich durch seine Lungen schnitt. Die Luft war nicht nur kalt, sondern fühlte sich an, als ob sie ihn absichtlich quälen wollte. Vor ihm standen zwei Männer – der breit gebaute Sicherheitschef der Rennstrecke, mit scharfen Gesichtszügen, und Victor Reece, der charismatische Teamchef von Reece Racing. Es war kein normales Treffen, sondern das Aufeinandertreffen von Kais Vergangenheit und seiner potenziellen Zukunft.

Victor Reece, ein Mann von beeindruckender Statur, war eine Erscheinung, die den Raum mit seiner bloßen Anwesenheit ausfüllte. Mit seinen 182 Zentimetern, dem dunklen Blondhaar, das silberne Strähnen durchzogen, und den durchdringenden grauen Augen, die eine tiefe Lebenserfahrung widerspiegelten, war er jemand, den man nicht so leicht übersehen konnte. Jede Bewegung, die er machte, strahlte Autorität aus, als wäre er es gewohnt, Befehle zu erteilen und sie auch befolgt zu sehen. Die Narbe über seiner linken Augenbraue, ein Relikt aus den härteren Tagen des Rennsports, und der traditionelle Ring an seinem Finger, der das Familienwappen trug, erzählten von seiner langjährigen Verbindung zu dieser Welt. Jeder, der ihn kannte, wusste, dass dieser Mann seine Autorität nicht missbrauchen musste – er war jemand, der allein durch seine Taten Respekt verdiente.

Der Sicherheitschef musterte Kai mit unverhohlener Schärfe und brach als Erster das bedrückende Schweigen. „Du hast also gedacht, du kannst hier einfach so auftauchen und dich in unser System schleichen?“ Seine Stimme war hart, voller Vorwurf. Seine breiten Schultern spannten sich, als er sich leicht vorbeugte, und seine Augen funkelten, als hätte er schon lange mit jemandem wie Kai gerechnet. Für ihn war das keine ungewöhnliche Situation – er hatte schon viele Möchtegern-Rennfahrer gesehen, die dachten, sie könnten den schnellen Ruhm ohne Disziplin erreichen.

Kai schwieg, sein Herz hämmerte wild in seiner Brust. Er fühlte, wie der Druck auf ihm lastete. Sein Stolz kämpfte gegen die aufkommende Angst. Er wusste, dass er keine Worte finden konnte, um die Strafe abzuwenden, die unvermeidlich schien. Die Blicke der Männer vor ihm waren wie Gewichte, die seine Schultern niederdrückten. Doch tief in seinen smaragdgrünen Augen glomm der Funke des Triumphs, ein leises Flackern, das ihn daran erinnerte, dass er trotz allem etwas Unmögliches erreicht hatte. Niemand konnte ihm die Tatsache nehmen, dass er die Strecke bezwungen hatte.

Victor Reece verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete Kai mit einer Mischung aus Neugier und Verärgerung. „Du hast Talent, das kann ich nicht leugnen“, begann er ruhig, seine Stimme voller Autorität, die Jahre der Führung mit sich brachte. „Aber Talent allein reicht nicht. In dieser Welt zählen auch Regeln und Disziplin.“ Seine Worte hingen in der Luft wie eine unsichtbare Mauer, gegen die Kai prallte. Er wusste, dass diese Worte das Mantra jedes großen Rennfahrers waren – Regeln, Disziplin, Verantwortung. Er trat einen Schritt näher, seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er Kai durchdringend ansah. „Was hast du dir dabei gedacht, Junge? Was glaubst du, wer du bist?“

Kai schluckte schwer. „Ich... ich wollte nur eine Chance“, stammelte er schließlich, seine Stimme brüchig. In seinem Kopf hallten die Worte wider, als wären sie das Einzige, was ihm noch geblieben war. Eine Chance. Mehr hatte er nie verlangt. Mehr hatte er nie gehabt. „Eine Chance, zu beweisen, dass ich es draufhabe.“

Der Sicherheitschef ließ ein raues Lachen ertönen. „Eine Chance? Du hast dir die Chance genommen, alle Regeln zu brechen! Weißt du überhaupt, was das für Konsequenzen haben könnte?“ Die Härte in seiner Stimme ließ keinen Raum für Mitleid oder Verständnis. Für ihn war Kai nicht mehr als ein Regelbrecher, der keine Ahnung hatte, wie viel Verantwortung mit diesem Sport verbunden war.

Victor hob die Hand und ließ den Sicherheitschef verstummen. „Lass ihn sprechen.“ Sein Ton war ruhig, doch seine Augen bohrten sich wie scharfe Dolche in Kai. Für einen Moment blitzte etwas in seinem Blick auf, das Kai nicht deuten konnte. War es Neugier? Oder vielleicht sogar eine Art von Verständnis? Es war, als ob Victor versuchte, jedes noch so kleine Detail in Kais Wesen zu erkennen, jedes Geheimnis, das er verbarg.

Kai spürte, wie der Druck unerträglich wurde. Dies war der Moment, in dem sich alles entscheiden würde. Er wusste, dass jedes Wort, das er jetzt sprach, über seine Zukunft entschied. Aber wie konnte er erklären, was ihn hierhergetrieben hatte, ohne wie ein verzweifelter Junge zu wirken? „Ich weiß, dass ich gegen die Regeln verstoßen habe“, sagte er schließlich, leise und zitternd. „Aber ich hatte keine andere Wahl. Ich habe nichts... und niemanden. Ich habe mich selbst hochgearbeitet, alles selbst gelernt. Und ich habe bewiesen, dass ich hierhergehöre.“ Seine Stimme wurde fester. Der Funke des Stolzes flackerte erneut auf, dieses Mal stärker, als er Victor direkt in die Augen sah. „Sehen Sie, was ich getan habe. Ich bin kein einfacher Waisenjunge mehr.“

Victor hob leicht die Augenbraue und erinnerte Kai kühl: „Du hättest den Galaxy Racer in der letzten Kurve fast in die Mauer geworfen.“ Ein leises, sardonisches Lächeln huschte über das Gesicht des Sicherheitschefs, doch Victor ließ es unbeachtet. Kais Magen zog sich zusammen. Diese verflixte Kurve! Er hatte sich in diesem Moment überfordert gefühlt, aber jetzt verstand er, dass sie ihn vielleicht den Respekt gekostet hatte, den er so verzweifelt suchte. Victor betrachtete Kai eine Weile, sein Blick unergründlich, bevor er leise seufzte. „Du erinnerst mich an jemanden“, sagte er schließlich, seine Stimme nahm einen sanfteren Ton an. „Jemanden, der alles riskiert hat, um seinen Traum zu verfolgen.“

Für einen Moment schien Victor in seine eigene Vergangenheit abzutauchen, zurück zu den Erinnerungen an das, was er selbst durchgemacht hatte, bevor der Krieg alles veränderte. Kais Herzschlag verlangsamte sich, als er die Veränderung in Victors Gesichtsausdruck bemerkte. War da etwa ein Funken Verständnis? Oder vielleicht Mitleid? Doch Victor schüttelte die Gedanken ab und kehrte mit schärferer Stimme zurück in die Gegenwart. „Aber die Regeln existieren nicht grundlos, Kai“, fuhr er fort. „Du hast die Sicherheit aller hier aufs Spiel gesetzt, nur um dein Ego zu befriedigen.“

Kais Einwände blieben ihm im Hals stecken. Die harten Konsequenzen seines Handelns wurden ihm plötzlich in ihrer ganzen Härte bewusst. Es ging nicht nur um seinen eigenen Traum, sondern auch um das Vertrauen, das er hätte gewinnen können – und dass er nun aufs Spiel gesetzt hatte.

Der Sicherheitschef nickte Victor zu. „Wir sollten ihn der Polizei übergeben. Das wäre nur angemessen.“

Victor blieb einen Moment still, bevor er den Kopf schüttelte. „Nein. Das werden wir nicht tun.“ Er wandte sich von Kai ab und richtete seine Worte an den Sicherheitschef. „Das Leben des Jungen ist schon hart genug. Setz ihn vor die Tür und stell sicher, dass er nicht wieder hier eindringt.“

Kai fühlte sich, als würde der Boden unter ihm wegbrechen. Ein dunkles, bodenloses Loch drohte ihn zu verschlingen. Doch als er Victors Blick suchte, erkannte er einen Hauch von Respekt, der wie ein schwaches Licht durch die Strenge hindurchschimmerte. Es war, als gäbe es noch eine winzige Chance.

„Geben Sie mir eine Chance!“, platzte es plötzlich aus ihm heraus. Kai sammelte all seinen Mut, seine Stimme klang klarer, fester. „Ich komm vielleicht nicht aus einer reichen Familie und hab noch nie ein richtiges Rennen geflogen, aber...“ Sein Blick flackerte zu dem Galaxy Racer, der durch das Fenster in der Ferne zu sehen war. Das war sein Traum, sein Leben, alles, was er je gewollt hatte. Er schluckte, sein Mund war trocken. Die Verzweiflung in ihm war greifbar, doch er wusste, dass dies der Moment war, in dem sich alles entscheiden würde. Seine Hände, die eben noch kraftlos in seinem Schoß lagen, ballten sich zu Fäusten. „Doch wie sollte ich auch? Wäre dieser Fehler in der Kurve nicht gewesen, hätte ich jeden Teilnehmer besiegt! Geben Sie mir eine Chance. Wenn es ums Geld geht, kann ich für Sie arbeiten. Und wenn ich Ihre Erwartungen nicht erfülle...“, seine Fäuste lockerten sich, „... dann gehe ich ohne ein Wort des Widerstands.“

Der Raum blieb still, als Victor Reece Kais Worte auf sich wirken ließ. Die Spannung war förmlich greifbar. Jeder Herzschlag, den Kai hörte, schien den Raum in seiner Stille noch schwerer zu machen. Die Luft schien dicker, beinahe erstickend, als ob sie selbst die Last dieses Moments mittrug. Es schien, als würde die Zeit in diesem Moment langsamer vergehen. Das Summen der Neonlichter über ihnen, die leisen Geräusche der entfernten Werkstätten, alles verblasste, bis nur noch das Dröhnen in Kais Ohren blieb. Es fühlte sich an, als wäre er in einem Vakuum gefangen, wo nur er und Victor existierten. Kai spürte, wie der Blick des Teamchefs förmlich auf ihm lastete, als würde er versuchen, die Ernsthaftigkeit hinter Kais Angebot zu prüfen. Der Sicherheitschef, der bis dahin eine aggressive Haltung bewahrt hatte, wirkte sichtlich unbeeindruckt von Kais leidenschaftlichem Plädoyer.

Victor, dessen Gesichtsausdruck sich nur minimal verändert hatte, ließ schließlich die Arme sinken und trat einen Schritt näher an Kai heran. Seine Schritte waren bedächtig, fast bedrohlich in ihrer Ruhe. Jeder Schritt hallte in Kais Gedanken nach wie ein Urteilspruch, der sich unausweichlich näherte. Die Schwere seiner Worte folgte sogleich: „Du willst also eine Chance. Du glaubst, du hättest das Zeug, es hier bei Reece Racing zu schaffen?“

Kai nickte heftig, zu heftig vielleicht, doch er konnte die Dringlichkeit seiner eigenen Stimme nicht unterdrücken. „Ja! Ich weiß, dass ich es schaffen kann! Geben Sie mir nur die Gelegenheit, es zu beweisen!“ Er fühlte, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten, seine Knöchel weiß vor Anspannung. Jede Faser seines Körpers schien darauf vorbereitet, zu kämpfen, sich zu verteidigen, egal gegen wen oder was.

Victor blieb für einen Moment still, musterte Kai von oben bis unten, als würde er die wahre Stärke des jungen Mannes ergründen wollen. Es war ein Blick, der nicht nur das Offensichtliche suchte, sondern in Kais Innerstes vorzudringen schien. Als ob Victor versuchte, herauszufinden, ob der Junge wirklich das Zeug dazu hatte, seine unausgesprochenen Erwartungen zu erfüllen. Schließlich seufzte er leise. „Gut. Aber“, fügte er streng hinzu, „das wird kein Freifahrtschein. Du wirst als Testfahrer arbeiten, um dein Können unter Beweis zu stellen. Doch damit das klar ist: Du wirst nicht nur fahren.“

Ein Ausdruck von Verwirrung und leichter Angst mischte sich in Kais Gesicht. „Was genau meinen Sie?“ Er versuchte, die Kontrolle über seinen Ton zu behalten, doch die Unsicherheit war unverkennbar. Was immer Victor von ihm verlangen würde, es klang bereits jetzt nach mehr, als er sich vorgestellt hatte.

„Du wirst auch als Helfer im Team arbeiten. Wir können es uns nicht leisten, jemanden nur wegen seines Talents in den Rennstall aufzunehmen. Jeder fängt klein an. Das bedeutet, du wirst die Drecksarbeit machen – Reifen wechseln, Fahrzeuge reinigen, Werkzeuge tragen, was auch immer nötig ist. Und wenn du die Disziplin und den Willen hast, dich durchzukämpfen, wirst du vielleicht irgendwann mehr sein als ein einfacher Helfer.“

Die Worte trafen Kai wie ein Faustschlag. Die glorreiche Vorstellung, als talentierter Pilot sofort ins Rampenlicht zu treten, zersplitterte vor seinen Augen. Die Realität, so hart und unbarmherzig, zwang ihn, sich seiner eigenen Bedeutungslosigkeit im großen Ganzen zu stellen. Sein Herz sank, als er sich vorstellte, wie er sich in den Werkstätten abmühen musste, während die anderen Piloten ihre Zeit damit verbrachten, die legendären Galaxy Racer zu fliegen. Es fühlte sich an, als würde sein Traum, ein Pilot zu werden, weiter in die Ferne rücken. Doch ein Teil von ihm weigerte sich, aufzugeben. Eine leise, aber entschlossene Stimme flüsterte ihm zu, dass dies seine einzige Chance war. Und selbst wenn es bedeutete, den harten Weg zu gehen, so war es immer noch ein Weg.

„Verstehe“, sagte Kai leise. Seine Stimme verriet die Demut, die er in diesem Moment empfand, doch auch eine unterschwellige Entschlossenheit war spürbar. „Ich werde tun, was nötig ist.“ Es war nicht die Antwort eines gebrochenen Jungen, sondern die eines Kämpfers, der bereit war, sich durchzubeißen, egal, wie tief er zunächst fallen musste.

Der Sicherheitschef runzelte die Stirn. „Das ist lächerlich. Er hat keine Erfahrung, Victor. Er wird das Team nur behindern.“ Seine Worte stachen wie Nadeln in Kai. Es war, als hätte der Mann eine ganz persönliche Freude daran, ihn niederzumachen, ihn kleinzuhalten. Jeder Satz fühlte sich wie ein Versuch an, ihm die Hoffnung zu nehmen, die er mühsam bewahrt hatte.

Victor schüttelte den Kopf. „Er hat mehr Herz als viele von denen, die hier durch die Tür kommen. Wir werden sehen, was er wert ist.“ Victors Stimme war ruhig, doch in seinen Worten lag eine endgültige Entschlossenheit, die keine Diskussion zuließ. Es war klar, dass er diese Entscheidung getroffen hatte, weil er etwas in Kai sah, das andere nicht sehen konnten. Dann wandte er sich wieder an Kai. „Du bekommst deine Chance, Junge. Aber denk daran, wir beobachten dich. Ein Fehler, und du bist raus.“

Kai schluckte schwer, doch er nickte. Die Erleichterung, die durch ihn strömte, war bittersüß. Er hatte es geschafft – zumindest vorerst. Doch die Last der Erwartungen, die jetzt auf seinen Schultern ruhte, war enorm. Erleichterung durchströmte ihn, vermischt mit einem Gefühl der Erniedrigung. Er würde sich beweisen müssen, nicht nur als Pilot, sondern auch als jemand, der die harte Arbeit im Hintergrund nicht scheut. Es war bitter, aber es war der Weg.

 

Kai verließ das Büro, in dem die Verhandlungen stattgefunden hatten, und spürte die kühle Brise, die durch die Gänge des riesigen Gebäudes von Reece Racing wehte. Die Kühle auf seiner Haut fühlte sich an wie eine Erinnerung daran, wie kalt und gnadenlos diese Welt sein konnte. Doch gleichzeitig brachte sie eine Klarheit mit sich, eine Erinnerung an den Kampf, der vor ihm lag. Seine Gedanken rasten, während er versuchte, die letzten Minuten zu verarbeiten. Hatte er gerade wirklich zugestimmt, nicht nur als Testfahrer, sondern auch als einfacher Helfer zu arbeiten? Der Gedanke war fast surreal. Vor ein paar Stunden hatte er noch davon geträumt, die Kontrolle über einen der Galaxy Racer zu übernehmen, und nun würde er sich mit den alltäglichen Aufgaben eines Mechanikers herumschlagen.

Die Realität seines Angebots schien sich langsam in seinem Kopf zu formen. Er würde nicht der strahlende Pilot sein, der auf den Titelseiten der Holo-Magazine erschien. Nein, er würde Reifen schleppen, Motoren warten und die Boxencrew unterstützen müssen. Das war alles andere als glanzvoll. Doch vielleicht, so dachte er sich, war es der Preis, den man für echte Chancen zahlen musste. Die wenigsten hatten das Privileg, direkt an die Spitze zu springen. Es war eine bittere Pille, aber eine, die er bereit war zu schlucken.

Kai seufzte, als er durch die Gänge ging und sich der Weite der Rennstrecke näherte. Der vertraute Geruch von Öl und Treibstoff lag in der Luft, vermischt mit dem metallischen Echo von Werkzeugen, die auf den Boden fielen. Für viele mag es gewöhnlich erscheinen, doch für Kai war es der Duft von Möglichkeiten, von Träumen, die auf ihren Durchbruch warteten. Die Arena lag vor ihm, still und leer, wie ein schlafendes Ungeheuer, das nur darauf wartete, von den donnernden Motoren der Galaxy Racer geweckt zu werden. In diesem Moment schien die Stille alles zu erdrücken, doch tief in ihm regte sich etwas – Hoffnung. So klein sie auch sein mochte, sie war da.

Er blieb stehen und starrte auf die Strecke, die sich vor ihm erstreckte. In der Ferne konnte er sich selbst sehen, wie er eines Tages als Rennfahrer über den Asphalt schoss und die Menge ihm zujubelte, während er auf dem Podest stand. Es war ein Traum, zu dem er endlich einen Weg gefunden hat. Wenn auch auf eine Art und Weise, die er sich nicht vorgestellt hatte. Dieser Moment, so unscheinbar er auch wirken mochte, war für ihn eine Erinnerung daran, dass jeder große Traum klein beginnt. Vielleicht war dies nicht der Anfang, den er sich gewünscht hatte, aber es war ein Anfang.

Ein leises Räuspern riss ihn aus seinen Gedanken. Einer der Techniker des Teams trat auf ihn zu, ein Klemmbrett in der Hand. „Du bist der Neue, richtig? Der Helfer?“ Die Stimme des Technikers war rau, als ob Jahre in den Boxen ihre Spuren hinterlassen hätten. Er wirkte nicht unfreundlich, aber auch nicht besonders begeistert von der Aussicht, einen weiteren unerfahrenen Jungen einzuweisen.

Kai zögerte einen Moment, dann nickte er. „Ja, das bin ich.“

Der Techniker musterte ihn kurz, dann deutete er auf eine Ecke der Boxenanlage. „Gut. Hier sind deine Arbeitsanweisungen. Fang mit den Reifensätzen an, dann sehen wir weiter.“ Er übergab das Klemmbrett ohne große Emotionen, als sei dies ein alltäglicher Vorgang. Für Kai jedoch war es viel mehr – es war sein erster Schritt in diese Welt.

Kai nahm das Klemmbrett und blickte auf die Liste. Es war einfache, aber harte Arbeit, und er wusste, dass dies seine Realität für die nächste Zeit sein würde. Doch anstatt zu verzweifeln, nahm er das Klemmbrett fester in die Hand. Dies war der erste Schritt, und jeder Schritt zählte. Er wusste, dass dieser Weg hart und steinig sein würde, aber er war bereit, ihn zu gehen. „Die Umkleidekabinen sind am Ende des Ganges. Such dir aus der Wäsche was Passendes. Wenn du fertig bist, zeig ich dir die Quartiere für die Mitarbeiter und erklär dir den Rest, also beeil dich bitte.“, der Techniker klang müde und spiegelte die harte Arbeit wider, die vor Kai lag.

Während er die ersten Anweisungen befolgte und die schweren Reifen stapelte, keimte in ihm ein Funken auf – eine kleine Flamme des Stolzes, dass er es geschafft hatte, nicht weggeschickt zu werden. Jeder Reifen, den er hob, jeder Schweißtropfen, der von seiner Stirn an seine scharf geschnittenen Wangen rann, war ein Beweis dafür, dass er sich nicht einfach so geschlagen geben würde. Dieser Kampf, so klein er auch war, bedeutete mehr, als es nach außen hin den Anschein hatte. Ja, es war hart. Aber er hatte es geschafft. Die erste Hürde war genommen. Nun lag es an ihm, sich durchzukämpfen, Schritt für Schritt.

Als er aufblickte, sah er erneut die Strecke vor sich. Sie war noch weit entfernt, doch jetzt schien sie nicht mehr unerreichbar. Ein kleines Lächeln stahl sich auf Kais Lippen. Er hatte die erste Schlacht gewonnen, mit jedem Schritt, den er ging, kam er seinem Traum ein Stück näher.

Es war ein langer Weg, den er vor sich hatte, aber für das erste Mal seit langem hatte er das Gefühl, dass dieser Weg tatsächlich irgendwohin führte. Und das allein war genug, um ihm neue Kraft zu geben. Er wusste, dass es ein langer Weg war, aber jetzt hatte er etwas, das er vorher nicht hatte – eine Chance. Und er würde sie nicht ungenutzt lassen.

 

 

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